Nationalratsauswertung Diskriminierung


Downloads von Analyse und Listen sind zu unterst zu finden

Bern, 2.10.2015

Neue Auswertung zeigt, wie stark Nationalratsmitglieder diskriminieren

Die erste schweizerische Anti-Diskriminierungsauswertung zeigt ausserordentlich grosse Unterschiede unter den Nationalratsmitgliedern. Beim Diskriminierungsschutz weisen ihre Haltungen einen Unterschied von bis zu 100% auf.

Die Schweiz steht in Sache rechtlichem Diskriminierungsschutz hinten an. Im Vergleich zu Ländern wie Deutschland, Grossbritannien oder den USA schneidet die Schweiz mangelhaft ab. Die Bundesverfassung garantiert mit Artikel 8 “Rechtsgleichheit” unabhängig von Herkunft, Rasse, Geschlecht, Alter, Sprache, sozialer Stellung, Lebensform, religiöser, weltanschaulicher oder politischer Überzeugung oder einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Ausgenommen bei Geschlechtergleichstellung und Behinderung fehlt ein Gesetz, welches dieses Grundrecht umsetzt.

Die Koalition “Für Menschen – gegen Diskriminierung“ hat das Abstimmungsverhalten von 226 Nationalratsmitgliedern der zu Ende gehenden Legislatur bei 21 Abstimmungen in 10 Bereichen des Diskriminierungsschutzes ausgewertet.

Die Auswertung der Abstimmungen im Nationalrat über parlamentarische Geschäfte in diesem Bereich legt sowohl völlige Unterstützung als auch extremste Ablehnung an den Tag. Die Auswertung der Koalition zeigt nämlich, dass die Zustimmung der einzelnen Nationalratsmitglieder beim Schutz vor Diskriminierung in den 21 analysierten Geschäften von 2011 bis 2015 zwischen 0% (überhaupt keine Unterstützung) und 100% (Unterstützung in allen Fällen) liegt. Der Wert ergibt sich aus dem Durchschnitt der erzielten Werte in den 10 Bereichen. Die einzelnen Bereiche bestehen zum Teil aus mehreren Geschäften. Der Bereich «Sexuelle Orientierung» umfasst beispielsweise 5 Geschäfte.

Insgesamt liegt der Durchschnitt der Parlamentsmitglieder der zu Ende gehenden Legislaturperiode bei 57%, was bedeutet, dass im Parlament eine Mehrheit für den Schutz vor Diskriminierung war. Die Auswertung ergibt, dass Diskriminierungsschutz in den Bereichen Ausländer_innen, Behinderung und Alter mit mehr als 58% Zustimmung mehr Unterstützung fand als in den Bereichen allgemeiner Rassismus oder Kinderrechte. In diesen Bereichen lag die Unterstützung bei unter 40%.

Bezogen auf die einzelnen Nationalratsmitglieder werden die ersten 57 Plätze mit 100% perfekten Resultat von 50 Mitgliedern der SP-, 6 der Grünen- und einem Mitglied der FDP belegt, während die letzten 56 Plätze (von 0% bis 6%) von 54 SVP- und 2 FDP-Parlamentsmitgliedern belegt werden – 14 davon hatten das Resultat 0%.

Die Auswertung nach Fraktionen zeigt, dass jene der SP mit 100% und jene der Grünen mit 96% Zustimmung zum Diskriminierungsschutz das Rating anführen, während die Fraktion der SVP mit 5% den letzten Platz belegt. Dazwischen bilden die FDP-, BDP-, CVP- und die glp-Fraktionen einen Block mit zwischen 57%-78% Zustimmung.

Einige Mitglieder der BDP-, CVP-, FDP- und SVP-Fraktionen fallen deshalb im Score auf, da sie sich im Vergleich zum Durchschnittswert ihrer Fraktionen überdurchschnittlich für den Diskriminierungsschutz eingesetzt haben. Dazu gehören die Fraktionsmitglieder der FDP Pierre-André Monnard, Fulvio Pelli, Daniel Stolz, Sylvie Perrinjaquet, Christa Markwalder, Jean-René Germanier, Hugues Hiltpold – der CVP mit Marianne Streiff-Feller, Viola Amherd, Christian Lohr, Barbara Schmid-Federer, Guillaume Barazzone, Lucrezia Meier-Schatz, Jacques Neirynck – und Rudolf Winkler und Heinz Siegenthaler von der BDP, die einen höheren Wert (um mindestens 15%) als die übrigen Mitglieder ihrer Fraktion erreichten. Die SVP-Politiker Lorenzo Quadri und Roberta Pantani erreichten einen Wert, der den Fraktionsdurchschnitt bezüglich des Diskriminierungsschutzes übertrifft.

Negativ abweichend (um mindestens 15%) vom Durchschnitt ihrer Fraktionen sind von der CVP Gerhard Pfister, Leo Müller, Fabio Regazzi, Jakob Büchler, Ruedi Lustenberger, Daniel Fässler, Markus Lehmann und Alois Gmür, von der FDP-Fraktion Bruno Pezzatti, Filippo Leutenegger, Christian Wasserfallen, Walter Müller, Petra Gössi, Peter Malma und Markus Hutter.

«Die SVP ist in Sachen Menschen- und LGBT-Rechte eine Katastrophe», so Bastian Baumann, Geschäftsleiter von PINK CROSS. «Alle Mitglieder der Bundesversammlung haben einen Eid abgelegt, die Bundesverfassung zu ehren und ihr zu folgen. Es ist erschreckend, wie viele Volksvertreter_innen dieses Versprechen anscheinend vergessen haben oder ignorieren.»

Ron Halbright, von der Koalition und NCBI Schweiz sagt: „Die Wähler und Wählerinnen sollen wissen, wer für oder gegen Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft, Asylstatus oder Behinderung gestimmt hat. Diskriminierungsschutz geht uns alle an.“

Die Koalition setzt sich auch für die Umsetzung des Artikels 8 der Bundesverfassung[1] in Form eines Gleichstellungsgesetzes ein.

Die Koalition “für Menschen – gegen Diskriminierung” ist ein Bündnis verschiedener Organisationen. Sie fordert, dass in einem freien und demokratischen Staat jede und jeder eine faire Chance haben muss, eine Lehrstelle zu bekommen, eine Wohnung zu mieten oder Zugang zu öffentlichen Anlässen zu erhalten, ohne Nachteile durch zufällige Merkmale und persönliche Eigenheiten zu erfahren.

 

Die Auswertung des Abstimmungsverhaltens des Nationalrats bezüglich des Diskriminierungsschutzes wird von folgenden Koalitionsmitgliedern unterstützt:

  • PINK CROSS
  • NCBI Schweiz
  • Stimme der gewählten Migrant_innen für alle (Gewählte Stimme)
  • JUSO
  • Die Junge Alternative JA! (Bern)
  • Alternative Linke Bern

 

Die Analyse der Geschäfte und mehr Informationen zu Ziel, Zweck und Mitglieder der Koalition finden Sie unter: www.gegendiskriminierung.ch

 

 

Kontakte:

Ron Halbright, NCBI Schweiz, 076 490 10 50, ron.halbright@ncbi.ch

Bastian Baumann, PINK CROSS, 079 796 28 67, bastian.baumann@pinkcross.ch

Adrian Frischknecht, NCBI Schweiz, 031 311 55 09, adrian.frischknecht@ncbi.ch

[1] Artikel 8 Rechtsgleichheit

1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

3 Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.

4 Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.

[1] Artikel 8 Rechtsgleichheit

1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

3 Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.

4 Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.

Download Medienmitteilung Diskriminierung Nationalratsauswertung 011015

Download Analyse der Ergebnisse

Download Liste der ausgewerteten Geschäfte zu Diskriminierung

Download Nationalratsauswertung Resultate (Tabelle)