Statement gegen Hass

Für ein respektvolles Zusammenleben:

Keine Verbreitung von Hass und Angst, kein Platz für Gewalt oder Terror
weder gegen den Islam und das Judentum, noch im Namen des Islams.

Keine Diffamierung der muslimischen oder anderer Minderheiten in der Schweiz.

Wir fordern ein Zusammenleben in der Schweiz ohne Diskriminierung und Hetze. Musliminnen und Muslime gehören zur Schweiz und verdienen –  wie alle anderen – Respekt!
Wir fordern die Politik, die Medien und die ganze Schweizer Bevölkerung auf, diesen Grundsatz auf allen Ebenen – Bundesrat, Parlament sowie kantonale und kommunale Räte – im Internet und im täglichen Umgang aktiv zu leben. Es ist an der Zeit, sich entschieden von allen Bestrebungen zu distanzieren, welche die muslimische Bevölkerung diffamieren und die tragischen und traurigen Ereignisse in Paris, Kopenhagen und weitere schreckliche Untaten zur Verbreitung von Muslim- und Menschenfeindlichkeit und Hass gegen Migrant/innen instrumentalisieren.

Gemeinsam, ungeachtet unserer unterschiedlichen religiösen Zugehörigkeiten und politischen Haltungen, als Betroffene verschiedenartiger Diskriminierungen, fordern wir die Politik, die Medien, die Religionsgemeinschaften und die Schweizer Gesellschaft auf, für die Vielfalt und das friedliche Zusammenleben in Respektierung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einzustehen, ehrliche und offene Begegnungen zu fördern, sich nicht von medialen Schlaglichtern und ideologischen Hetzern blenden zu lassen, sondern in erster Linie das tatsächliche Verhalten der in der Schweiz lebenden muslimischen Menschen wahrzunehmen. Durch eine ernsthafte Kooperation können gefährliche Entwicklungen gemeinsam erkannt und diesen entgegengetreten werden. Entwickeln wir wirksame Ansätze, um eine konstruktive Gewaltprävention zu stärken und Brücken des Verständnisses aufzubauen, statt Konflikte vom Ausland in die Schweiz zu importieren.

Wir bekennen uns zur Religionsfreiheit – für Zugewanderte wie für Einheimische. In unserer Vielfalt sind wir vereint. Menschen mit Migrationshintergrund gehören längst zur Schweiz und prägen den Alltag positiv. Vielfalt soll als Stärke erkannt werden, denn nur so können wir gemeinsam Schwierigkeiten überwinden.
Wir nehmen gemeinsam Stellung gegen Gewalt, Drohungen, Muslim- und Judenfeindlichkeit und Hetze und stehen ein für Frieden, Sicherheit, Integration, und Gerechtigkeit ohne Diskriminierung.
Wir rufen Organisationen, politische Entscheidungstragende, Religionsgemeinschaften und Einzelpersonen dazu auf, sich durch die Verbreitung dieses Statements, mit Demonstrationen und anderen Solidaritätsaktionen aktiv und friedlich gegen alle Ausgrenzungs-, Hetz- und Hasskampagnen und den Versuch, eine PEGIDA-CH zu organisieren, einzusetzen.
NCBI Schweiz, Pink Cross, Informationsstelle für Ausländerinnen- und Ausländerfragen- isa, Second@s Plus, Solinetz Zürich, Alternative Linke Bern, Augenauf Basel, Anlaufstelle gegen Rassismus St. Gallen, CaBi Antirassismus-Treffpunkt St. Gallen, Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz, Dialog Institut, Fondation pour l’Entre-connaissance (Stiftung für gegenseitiges Kennenlernen), Gewählte Stimme der MigrantInnen für alle, grundrechte.ch, Grüne Partei Schweiz, Grüne Partei Wädenswil, Gruppe Integration des Frauenbundes Sins, Gruppe Menschlicher Umgang mit Flüchtlingen (MUF), GSIW Gesellschaft Schweiz – Islamische Welt, Islamische Frauenverein Dar an-Nur, Jesuiten-Flüchtlingsdienst Schweiz (JRS Schweiz), Junge Alternative JA!, Junge Alternative Zug, Junge Grüne Schweiz, JUSO Schweiz, Katholische Kirche Stadt Luzern Bereich Migration/Integration, L’autre syndicat, Leitungsteam Café International Muttenz, Luzerner Asylnetz, Migration Conseils, Mitte Links – CSP Schweiz, OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, REseau valaisan de SOLidarité avec les MIgrantEs (RESOLMI), Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich SPAZ, Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht, SP Schweiz, Stiftung ECAP, SyriAid, Verein für islamische Religionspädagogik Schweiz (VIRPS)
Asylbrücke Zug, GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz, Gruppe jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina jvjp, Islamischer Zentralrat Schweiz IZRS, Koordination Islamischer Organisationen Schweiz KIOS, SOS Asile Vaud, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA, Vereinigung der Islamischen Organisationen Zürich VIOZ.

Ratsmitglied
Doris Fiala

Hintergrund

Die Gewalttaten in Paris sowie weitere Gräueltaten im Namen des Islams schockieren uns alle.
Statt zu trauern, gibt es muslimfeindliche Kreise in Frankreich, in Deutschland, in der Schweiz und anderswo, die bereit sind, diese Tragödien auszunützen. Schon ist es zu sogenannten „Vergeltungs-Aktionen“ gegen Moscheen gekommen. Sichtbar muslimisch gekleidete Frauen sind Anfeindungen ausgesetzt. In der Schweiz wird aktiv gegen die muslimische Minderheit und die verfassungsmässig geschützte Religionsfreiheit mobilisiert.

Seit den Anschlägen in Paris steht die muslimische Minderheit in der Schweiz erneut unter Generalverdacht. Dass die muslimischen Gemeinden sich sofort von den Anschlägen in Paris distanziert haben, wird kaum wahrgenommen. Es ist zu begrüssen und festzuhalten, dass bedeutende islamische Gelehrte weltweit den IS und dessen Vorgehen verurteilen . Auch muslimische Organisationen in der Schweiz haben sich klar davon distanziert. Jedoch werden sie aufs Neue immer wieder aufgefordert, sich zu rechtfertigen und zu erklären, was sie gegen den Terrorismus von IS und anderen Gruppierungen unternehmen werden.
Eine anti-muslimische Stimmung wird seit Jahren geschürt, wie zum Beispiel mit der Anti-Minarett-Initiative der SVP. Die Debatte um Kopftücher und Burka werden zur Angstmacherei genutzt. Dies sind Scheingefechte, da es nur vier Minarette in der Schweiz gibt und nur sehr wenige Burka-Trägerinnen. Jetzt soll die PEGIDA aus Deutschland in die Schweiz eingeführt werden. Dies polarisiert, verstärkt die Diskriminierung gegen Zugewanderte und behindert die Integration.

Mit grosser Besorgnis nehmen wir die Angriffe auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft und den verschiedenen Minderheiten, aktuell besonders der muslimischen Gemeinschaft, wahr. In der Vergangenheit und auch heute noch wurden und werden Minderheiten gezielt pauschal in ein schlechtes Licht gestellt. Ihnen wird eine elementare Gleichbehandlung verweigert, um auf deren Kosten mit Stellvertreterdiskussionen von den wirklichen gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Das darf sich nicht wiederholen!

Es gibt in der Tat gefährliche Entwicklungen – primär im Ausland, aber auch in der Schweiz: menschenverachtende, gewaltfördernde und antisemitische  Ideologien werden von internationalen Gewaltnetzwerken geschickt in Verbindung mit dem Islam gebracht, um manipulierbare Menschen für ihre Gewalt- und Machtpläne zu missbrauchen. Dafür wird das Leiden der muslimischen Bevölkerung in vielen Ländern – verursacht durch Krieg, Ausbeutung, Diktatur, Hetze und die Nachwirkungen des Kolonialismus sowie die Probleme im Nahen Osten – instrumentalisiert. Leider können dafür in fast jedem Land Bereitwillige gefunden und mit Fanatismus indoktriniert werden, um je nachdem gezielt Medienschaffende, muslimische, jüdische, christliche und andere – auch unbeteiligte – Menschen zu verletzen oder gar zu ermorden. Eine breite Ausgrenzung und Diffamierung aller Musliminnen und Muslime erschwert die nötigen gesellschaftspolitisch stabilisierend wirkenden Kooperationen und erleichtert die Rekrutierung von weiteren gewaltbereiten Menschen.

Die Muslime in der Schweiz sollen nicht unter einem einseitigen und falschen Bild des Islams aufgrund von Extremhandlungen weniger Verbrecher leiden müssen. Denn die muslimische Religionsgemeinschaft ist nach der katholischen und der reformierten die drittgrösste in der Schweiz. Es entsteht ein Schweizer Islam, der einen Teil unserer Gesellschaft darstellt. Xenophobie und Islamophobie stehen in einem engen Zusammenhang. Die grosse Mehrheit der hiesigen islamischen Gemeinschaft stammt aus dem Balkan und der Türkei, davon sind rund ein Viertel Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Die Anerkennung und die Entwicklung der muslimischen Gemeinschaften  müssen gefördert werden. Lernen wir einander besser kennen, gehen wir aufeinander zu, um so oberflächliche Feindbilder durch ehrlichen Austausch abzubauen.

Es braucht eine sofortige, wirksame Sensibilisierung, Integration und Intervention hierzulande, um der Propaganda und Rekrutierung der Extremisten entgegenzuwirken. Die Schweiz verabscheut die Gewalt, die der sogenannte IS bzw. ISIS und ähnliche Gruppierungen aus machtpolitischen Interessen und missbräuchlich im Namen des Islams ausüben – in erster Linie gegen muslimische Menschen selbst sowie gegen religiöse Minderheiten in Syrien und im Irak und zuletzt gegen Medienschaffende, Juden und die Polizei in Paris. Die Empfänglichkeit einiger junger Menschen in europäischen Ländern für diese gefährliche und menschenverachtende Ideologie, die der islamischen Lehre und Tradition grundsätzlich widersprechen, bereitet uns grosse Sorgen. Alle müssen sich fragen: Was läuft falsch in unserer Gesellschaft, wenn die Appelle des IS wirken?
Hier in der Schweiz müssen sich vernünftige Köpfe aus der nationalen, kantonalen und kommunalen Politik, aus den muslimischen und jüdischen Gemeinschaften und vor allem der christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft zu Wort melden und sich klar von Gewalt, Hass, Hetze und Diskriminierung distanzieren. Wer seine Meinung zum Ausdruck bringt, darf keine diskriminierende oder gewaltstiftende Parolen verwenden. Insbesondere den Medien, dem Internet und der Politik obliegt hier eine verantwortungsvolle Rolle, derer sie sich bewusst sein müssen. Sowohl Muslim- als auch Judenfeindlichkeit sind leider verbreitet und in den letzten Monaten sichtbarer geworden – auch hier in der Schweiz – diese und alle anderen Formen von Ausgrenzung müssen überwunden werden. Da die Hemmschwelle zu solchen Diffamierungen und Diskriminierung in der Öffentlichkeit kleiner geworden ist, braucht es von Seiten des Staates und der Mehrheitsgesellschaft einen verstärkten Einsatz dagegen. Diffamierung, Diskriminierung und Vorurteile gefährden das Zusammenleben, erschweren die Friedensbemühungen und fördern eine Radikalisierung. Man darf und soll sachliche Kritik gegenüber den Entscheidungstragenden anbringen, Drohungen oder Angriffe auf unsere Mitmenschen in der Schweiz dürfen jedoch keinen Platz haben und können nicht geduldet werden. Vielmehr braucht es breit abgestützte Prävention, Beratung, Begleitung und Intervention, damit sich Hass, Hetze, Diskriminierung und Extremismus jeglicher Art in der Schweiz nicht ausbreiten können.
Weitere Organisationen und Einzelpersonen sind eingeladen zu unterschreiben.
Kontakt: nina.imboden@ncbi.ch
Die Koalition Für Menschen – gegen Diskriminierung ersucht im Sinne ihrer von 16 Schweizer Organisationen mit unterzeichneten Grundsatzerklärung das dringende Anliegen einer diskriminierungsfreien Schweiz mit einer entsprechenden Gesetzgebung schon im Vorfeld des für 2016 erwarteten Berichts zur Diskriminierungslage in der Schweiz aufzunehmen und zu unterstützen. Ziel muss sein, alle in der Schweiz lebenden Personen umfassend vor Diskriminierungen aus jedwedem Grund im Sinne der EMRK zu schützen.

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